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16.12.2013

Ägyptisch-Arabisch lernen

Lieber den ägyptischen Dialekt zuerst - oder doch Standardarabisch?

Als Arabischlernender steht man gleich zu Beginn vor der Frage, ob man das „echte“ Arabisch, d.h. Hocharabisch, oder doch lieber einen der vielen Dialekte lernen möchte. Besonders gefragt ist hierbei der ägyptische Dialekt.
Copyright: Christian Rosenbaum (Source: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sphinx_und_Chephren-Pyramide.jpg)

Immerhin ist Ägypten das bevölkerungs-reichste arabische Land, und durch den intensiven Export ägyptischer Filme und Serien sind auch Araber aus anderen arabischen Ländern häufig einigermaßen mit diesem Dialekt vertraut.

Ist denn der Unterschied wirklich so groß? Natürlich ist die Beantwortung dieser Frage bis zu einem gewissen Grad Ansichtssache, zumal „groß“ und „klein“ relative Begriffe sind. Einem geborenen Ägypter, der seine Muttersprache und dank Schulbildung auch das Hocharabische beherrscht, mag der Unterschied klein vorkommen, da er nach vielen Schuljahren weiß, dass viele typisch ägyptische Vokabeln nichts als auch im Hocharabischen vorkommende seltene, veraltete oder leicht bedeutungsverschobene Wörter sind. Zum Beispiel benutzt man im Hocharabischen für das Wort „schlau“ die Vokabel dhakiyy und kaum mehr das ebenso im Hocharabischen wurzelnde shâTir, das jedoch im Ägyptischen das bevorzugte Wort für diese Bedeutung ist. Oder das Wort „Arzt“: Im Hocharabischen sagt man Tabîb, im Ägyptischen dagegen ħakîm, welches ebenso dem Hocharabischen entstammt, dort aber „Weiser“ bedeutet.

Viele Unterschiede

Schon diese Unterschiede können dem Uneingeweihten eine Menge Unverständnis oder gar Missverständnisse bereiten. Doch das ist längst nicht alles. Hinzukommen die vielen Anglizismen und - noch problematischer - Turkizismen, also Vokabeln, die während der türkischen Herrschaft aus dem Türkisch-Osmanischen in das Ägyptische Eingang fanden.

Als ob das alles nicht genug wäre, kommen Grammatikunterschiede hinzu, wie das Verschieben von Fragewörtern an den Schluss oder die Ausweitung der hocharabischen Akkusativ-Pluralendung auf alle Fälle.

Und gekrönt werden diese Unterschiede durch die eigentümliche Aussprache: Das standardarabische ج (j bzw. dsch) wird wie das G in Gustav gesprochen, der Buchstabe ق (qâf) wird meist zu einem bloßen Stimmabsatz (°âf), und viele Silbenbetonungen werden anders geregelt.

Das alles führt dazu, dass ein Vergleich des Gesamtunterschieds mit dem Unterschied zwischen Deutsch und Niederländisch gar nicht mal so weit hergeholt ist. Dazu passt die Anekdote, dass einige chinesische Islamstudenten, die das Hocharabische bereits in ihrem Heimatland studiert und geradezu perfekt beherrscht hatten, nur Bahnhof verstanden, als sie in Ägypten ankamen und erst nach etwa zwei Jahren mit dem ägyptischen Dialekt zurecht kamen. Und das, obwohl die Grammatik des ägyptischen Dialekts eine Vereinfachung der standardarabischen Grammatik darstellt...

Ägyptisch-Arabisch ist offiziell keine Sprache

Tatsächlich ist der ägyptische Dialekt recht einfach strukturiert und erinnert in seiner Einfachheit an das Englische. Wenn schon Hocharabisch unter vielen Aspekten etwas einfacher ist als Deutsch, so gilt dies für Ägyptisch erst recht. Das Problem jedoch ist, dass Ägyptisch-Arabisch offiziell keine eigene Sprache ist und offiziell nicht geschrieben wird. (Die ägyptisch-arabische Wikipedia-Version ist vor diesem Hintergrund eher als Gag anzusehen und zu vergleichen mit den Plattdeutsch- und anderen exotischen Versionen.) Dies führt dazu, dass es weniger Texte als Übungsgegenstand im Unterricht gibt – überhaupt sind verlässliche und seriöse Lehrbücher zu dem Thema rar.

Ob es sich daher lohnt, beim Arabischlernen sofort mit Ägyptisch zu beginnen oder es gar dabei zu belassen, ohne einen Blick auf das Hocharabische zu werfen, muss je nach Einzelfall entschieden werden. Allerdings dürfte dieser Fall recht selten sein, denn dies eignet sich tendenziell nur, wenn man die Sprache wirklich nur zur Kommunikation mit ganz einfachen Menschen lernt, insbesondere solchen, die in ländlichen Gebieten leben.

Erst die Grundlage, dann die Spezialisierung

Ansonsten hat sich Ägyptisch-Arabisch im Zuge der Globalisierung, des Internets und der Satellitenkanäle, besonders Aljazeera, vielerorts schon wieder soweit mit Hocharabisch vermischt, dass die reine Beschränkung auf das Ägyptischlernen nicht besonders zielführend ist. Und da viele Aspekte schon des „reinen“ Ägyptisch mit Hocharabischkenntnissen besonders gut verstehbar ist, lautet hier die Empfehlung, mit Hocharabisch einzusteigen und nach dem Erwerb der Grundlagen dieser Standardvariante ins Ägyptische überzugehen - wenn man es denn wirklich dringend braucht.

Doch für welche Vorgehensweise immer Sie sich entscheiden – bei können Sie beides lernen, oder sich diesbezüglich individuell beraten lassen. Probieren Sie es aus und melden Sie sich doch einfach mal für eine Live-Gratisstunde an!






Kommentare

Ahmed Soliman schrieb am 2016-01-08 at 17:11:23 Uhr:

Hallo, das Wort "hakim" als Arzt ist auch veraltet. Man nutzt das englische Wort "doctor" [...]

arabisch.tv schrieb am 2017-05-18 at 01:46:16 Uhr:

@AhmedSoliman Das kommt auf die Gegend an, der Dorfarzt dürfte vielerorts weiterhin "hakim" genannt werden.

arabisch.tv schrieb am 2017-06-14 at 21:23:21 Uhr:

Gerne können Leser/-innen, die bereits Ägyptisch lernen und gelernt haben, in diesem Kommentarbereich von ihren Erfahrungen berichten!

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